Zivilprozessrecht
insbesondere Mitwirkungsverweigerungsrechte für Unternehmensjuristen
Der Bundesrat verabschiedete am 2. März 2018 eine Vernehmlassungsvorlage zu punktuellen Änderungen der Schweizerischen Zivilprozessordnung, die der verbesserten Praxistauglichkeit und Rechtsdurchsetzung dienen sollen. Die wesentlichen Aspekte der geplanten Anpassungen umfassten ursprünglich vor allem (i) den Abbau von Kostenschranken durch tiefere Prozesskostenvorschüsse und (ii) eine Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes.
In der Vernehmlassung fanden die meisten vorgeschlagenen Änderungen Anklang mit Ausnahme des kollektiven Rechtsschutzes, der stark umstritten war. Der Bundesrat hat daher am 26. Februar 2020 in Zusammenhang mit der Verabschiedung des Entwurfes bzw. der Botschaft entschieden, den kollektiven Rechtsschutz aus der Vorlage herauszulösen und separat weiterzuverfolgen.
Nebst den vorerwähnten Themen ist aus Sicht der Unternehmensjuristen vor allem die Einführung der Mitwirkungsverweigerungsrechte für Unternehmensjuristen von Bedeutung, welches hauptsächlich bezweckt, prozessuale Nachteile von Schweizer Unternehmen in denjenigen ausländischen Jurisdiktionen zu beseitigen, die bereits über ein entsprechendes Berufsgeheimnis für in-house counsel verfügen, wie beispielsweise die USA. Der Kern der Mitwirkungsverweigerungsrechte für Unternehmensjuristen zielt auf die Förderung der Compliance im Unternehmen ab, da es eine frühzeitige und umfassende Rechtsberatung innerhalb des Unternehmens ermöglicht, deren Inhalt im Streitfall vor dem Zugriff Dritter geschützt ist.
Der entsprechende Art. 160a E-ZPO lautet wie folgt:
Art. 160a Ausnahme für unternehmensinterne Rechtsdienste
1. In Bezug auf die Tätigkeit eines unternehmensinternen Rechtsdienstes besteht für die Parteien und Dritte keine Mitwirkungspflicht, wenn:
a. die betreffende Tätigkeit bei einer Anwältin oder einem Anwalt als berufsspezifisch gelten würde; und
b. der Rechtsdienst von einer Person geleitet wird, die über ein kantonales Anwaltspatent verfügt oder in ihrem Herkunftsstaat die fachlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Anwaltsberufs erfüllt.
2. Für Unterlagen aus dem Verkehr mit einem unternehmensinternen Rechtsdienst gilt die Ausnahme nach Artikel 160 Absatz 1 Buchstabe b sinngemäss.
Die Rechtskommission des Ständerates hat diese Bestimmung in den letzten Monaten beraten und anerkennt das Bedürfnis der Unternehmen für ein Mitwirkungsverweigerungsrecht für Unternehmensjuristen. Sie hat jedoch einen eigenen Formulierungsvorschlag erarbeitet (Art. 167a E-ZPO), welcher als Voraussetzung für die Berufung auf die Mitwirkungsverweigerung vorsieht, dass die Gegenpartei ebenfalls zur Mitwirkungsverweigerung berechtigt sein muss. Diese Anforderung führt zu Rechtsunsicherheit, könnte im Ausland aufgrund der einschränkenden Formulierung ev. gar nicht anerkannt werden («blocking statute») und vereitelt das Ziel der Förderung der Compliance im Unternehmen (mögliche Gegenparteien stehen zum Zeitpunkt der Beratung meist nicht fest). Aus diesen Gründen unterstützt der VSUJ ein Mitwirkungsverweigerungsrecht gemäss Vorschlag des Bundesrates (Art. 160a E-ZPO) und beurteilt den neuen Vorschlag von Art. 167a E-ZPO als problematisch.